Über fünf Millimeter in einem Schritt

Über fünf Millimeter in einem Schritt

„Bulk Fill“ Materialien sind mittlerweile buchstäblich in aller Munde. Vor allem im Kaulast tragenden Seitenzahnbereich stabilisieren ökonomisch zu verarbeitende Werkstoffe im Idealfall den Zahn von innen. Der folgende Patientenfall zeigt, wie der Wegfall mehrerer Zwischenschritte bei der Versorgung großer Kavitäten wertvolle Behandlungszeit spart.

Dr. Christoph G. Hüskens

 

Kompositrestaurationen im Seitenzahnbereich sind seit Jahrzehnten eine bewährte Alternative zu metallischen Füllungen wie z.B. Amalgam, das heute bei Neuversorgungen von vielen Patienten abgelehnt wird. In dieser Zeit wurde die Materialgruppe der Komposite ständig verbessert. Neue Generationen von Haftvermittlern, geringere Polymerisationsschrumpfung und höhere Abrasionsbeständigkeit sind heutzutage, zusammen mit modernen Schichttechniken, aus der Praxis nicht mehr wegzudenken.

Trotz allem ist die Kompositrestauration im Seitenzahnbereich immer noch sehr zeitaufwendig. Im Zuge des Wunsches vieler Praktiker nach Vereinfachungen, speziell in Hinblick auf die aufwendige Schichttechnik für den weniger ästhetiksensiblen Seitenzahnbereich, hat sich die Industrie seit einiger Zeit aufgemacht verschiedene Bulk Fill Komposite zu entwickeln. Bislang gibt es davon zwei Gruppen, zum einen niedervisköse Bulk Fill Komposite und zum anderen hochvisköse Bulk Fill Materialien. Das hier vorgestellte Fill-Up! ist in einer dritten Gruppe der mittelviskösen Bulk Fill Materialien anzusiedeln mit guter Abrasionssstabilität. Der Ausdruck „Bulk Fill“ bedeutet im eigentlichen Sinne „Füllung in einem Schritt“. In der Praxis heißt das schnelle und einfache Applikation und Ausarbeitung, wenig Polymerisationsstress und Langlebigkeit bei geringerer Techniksensitivität mit den bekannten Haftvermittlern. Zudem braucht es eine ausreichende Haftung an Schmelz und Dentin. Limitierend ist und bleibt bei vielen Bulk Fill Materialien jedoch die maximale Durchhärtungstiefe von vier bis fünf Millimetern, sowohl für niedervisköse als auch hochvisköse Komposite.

 

/// Beliebige Schlichtstärken

Bei dem verwendeten Material Fill-Up! des Schweizer Dentalspezialist COLTENE handelt es sich um ein dualhärtendes Bulk Komposit (Abb. 1). Dadurch können Schichtstärken von mehr als fünf Millimeter in einem Zug appliziert werden, ohne dass die Durchhärtung des gesamten Inkrementes darunter leidet. Dies ist im Seitenzahnbereich bei Approximalflächen von Vorteil, wenn z.B. bei einer Klasse II zusätzlich approximal eine tiefe Wurzelkaries besteht. Da nach drei Minuten (inklusive Verarbeitungszeit) eine sichere chemische Durchhärtung gewährleistet ist, muss nicht zwingend vorab nachgemessen werden, ob die Schichtdicke von vier bis fünf Millimetern eingehalten werden kann. Durch zusätzliche kurze Lichthärtung kann der Polymerisationsprozess der oberen Schichten beschleunigt und die Füllung direkt bearbeitet werden. Bei chemisch härtenden Materialien ist generell ein leichtes Nachdunkeln zu beachten. Bei Fill-Up! Universal stellt sich die endgültige Farbe nach 24 Stunden ein und ist vergleichbar mit der Zahnfarbe VITA A2/A3. Im schlecht einsehbaren Seitenzahnbereich fordern allerdings nur wenige Patienten hochästhetische Versorgungen, wodurch der Nachteil von farblich differenzierten Füllungen ab dem ersten Molaren im Ober- wie im Unterkiefer vernachlässigt werden kann. Dazu gehören zum Beispiel Patienten, die zum Ersatz alter Amalgamfüllungen in die Praxis kommen oder kürzere Behandlungssequenzen wünschen sowie Kinderbehandlungen.

Mit dem dualhärtenden Universalkomposit Fill-Up! können Klasse I und Klasse II Füllungen sauber und schnell gelegt werden. Das verwendete Material zeigt hierbei ein ausgezeichnetes Anfließverhalten, was insbesondere bei tiefen Klasse II Füllungen sehr hilfreich ist. Eine ca. zwei Millimeter starke Deckschicht aus einem Hybridkomposit wie SYNERGY D6 ist nicht zwingend notwendig, doch wurde sie in diesem Fall zwecks Okklusionsgestaltung und einer besseren Ästhetik sowie der approximalen Kontaktpunktgestaltung gewählt. Die mechanische Stabilität der gesamten Füllung wird dadurch zusätzlich verstärkt. Hochvisköse Bulk-Fill Materialien mit einer eingeschränkten Farbpalette sind zwar modellierbar, aber das bei dieser Viskosität schlechtere Adaptationsverhalten kann zu den bekannten Problemen von primären Randspalten und Luftblasen führen. Daher ist jene Materialgruppe nicht per se die optimale Lösung.

Bei der Durchführung einer Deckschichtfüllung ist es mit dem angewendeten Universalkomposit möglich, die Kavität in zwei Schritten zu füllen. Auch dies bedeutet eine klare Zeitersparnis gegenüber den ansonsten vier bis fünf Inkrementen beim herkömmlichen methacrylatbasierten Hybridkomposit und den entsprechend längeren, sich addierenden Belichtungszeiten. Die verwendete Polymerisationslampe S.P.E.C. 3 benötigt mit der eingestellten Leistung von 1.600 mW/cm2 dazu fünf Sekunden. Der Hersteller rät, die empfohlene Belichtungszeit nicht zu überschreiten, um den Schrumpfungsstress gering zu halten. Ebenso wird darauf hingewiesen, bei sehr tiefen Kavitäten (über fünf Millimeter) die Aushärtungszeit von zwei Minuten einzuhalten, um ein Kleben des Materials an der Matrize zu verhindern.

/// Sekundärkaries unter alter Füllung

Ein junger Patient stellte sich mit approximaler Sekundärkaries unter einer alten Kompositfüllung an Zahn 36 mesial in der Praxis vor (Abb. 2). Nach der Trockenlegung mit Kofferdam wurde die Kavität durch Entfernung der bestehenden Füllung entsprechend präpariert (Abb. 3). Mit Hilfe einer skalierten Parodontalsonde wurde die genaue Kavitätentiefe bestimmt, bevor die Konditionierung mit Phosphorsäure erfolgte (Abb. 4,5). Im nächsten Schritt wurde das passende Bonding ParaBond gleichmäßig auf Schmelz und Dentin appliziert (Abb. 6). Es folgte die Applikation von Fill-Up!, welches im Anschluss für fünf Sekunden lichtgehärtet wurde (Abb. 7, 8). Unter Einhaltung der bekannten Regeln der Säureätztechnik wurde somit quasi eine Unterfüllung aus Fill-Up! bis ca. zwei Millimeter unterhalb der Präparationsgrenze gelegt, bevor die Deckschichtfüllung mit SYNERGY D6 erfolgte (Abb. 9). Die Ausarbeitung und Politur wurde mit DIATECH Produkten durchgeführt. Nach vier Wochen zeigte sich die Füllung in der Nachkontrolle unauffällig (Abb. 10).

/// Fazit
Sobald wir in der Praxis ein gut anfließendes Komposit für große Kavitäten verwenden wollen, ohne dabei die bekannten Nachteile wie zum Beispiel Schrumpfungsstress in Kauf zu nehmen, ist das Universalkomposit Fill-Up! eine sehr gute Ergänzung zum bisherigen Kompositmaterial wie SYNERGY Flow oder SYNERGY D6. Das dualhärtende Prinzip ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber bisher auf dem Markt vorhandenen, dünnfließenden Bulk Kompositen wie beispielsweise Filtek Bulk Fill von 3M ESPE. Die gängige maximale Schichtdicke von vier bis fünf Millimetern kann im Alltag durchaus ohne Nachteile überschritten werden. Eine gute Versorgung kann sogar gewährleistet werden, sollte das Inkrement im sogenannten „Lichtschatten“ der Polymerisationslampe liegen. Auch bei der Füllung eines wurzelbehandelten Zahnes können die beschriebenen Materialeigenschaften von Nutzen sein und eine schnellere Versorgung des Zahnes bedeuten. Durch das dualhärtende Material ist nach drei Minuten (inklusive Verarbeitung) die Sicherheit gegeben, dass jeder Teil der Füllung vollständig durchgehärtet ist. Das Handling ist dank der unterschiedlichen Durchmesser der Mischkanülenaufsätze angenehm und einfach. Zudem stellt die Füllung aus Bulk- und Hybridkomposit gegenüber konventionellen Füllungsmethoden aus mehreren kleinen Inkrementen einen klaren Zeitvorteil dar. Schlussendlich wird mit der Applikation einer Deckschicht aus SYNERGY D6 eine gute Ästhetik und Kontaktpunktgestaltung erreicht.

– AUTOR

Dr. Christoph G. Hüskens, Zahnarzt
CH – 9306 Freidorf

 

– KONTAKT

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