Neues zum Thema Outsourcing in der Zahnarztpraxis

 

In der heutigen Zeit sind die meisten Zahnarztpraxen mittlerweile auch auf externe Dienstleistungen angewiesen. Insbesondere IT-Dienstleistungen sind gefragt, so vor allem im Umgang mit der Praxissoftware, wenn hier technische Probleme auftauchen. Genauso gefragt sind externe Abrechnungsunternehmen, die die gesamte Abrechnung des Zahnarztes übernehmen. Die Beauftragung externer Dienstleister gewährt allerdings auch Einblicke in hochsensible Patientendaten, was aus Gründen der Schweigepflicht von Zahnärzten sowie gleichsam aus Datenschutzgründen nicht unproblematisch ist. Am 31.10.2017 ist das „Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen“ in Kraft getreten. § 203 Strafgesetzbuch (StGB), welches die Verletzung von Privatgeheimnissen unter Strafe stellt, ist erweitert worden und soll in zeitgemäßer Weise nunmehr für mehr Klarheit im zulässigen Umgang mit dem sog. Outsourcing von bestimmten Dienstleistungen bei Berufsgeheimnisträgern sorgen.

Jennifer Jessie

 

/// Bisherige Rechtslage

Der Einsatz externer Dienstleister bei Berufsgeheimnisträgern wie Zahnärzten und Ärzten war bisher nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Hintergrund war, dass Angehörige der Heilberufe, somit also Zahnärzte und Ärzte, gemäß § 203 StGB der ärztlichen Schweigepflicht unterliegen. Die Einbindung externer Dienstleister für bestimmte Tätigkeiten bedurfte daher in aller Regel der vorherigen Einwilligung der Patienten. Die Fernwartung von Praxissoftware war ebenfalls mit Hindernissen verbunden. So forderte beispielsweise auch die Bundesärztekammer für die Übermittlung von Patientendaten vom Praxiscomputer an den externen IT-Dienstleister eine Verschlüsselung der Daten und eine geschützte Verbindung. Die bisher geltende Rechtslage stellte zudem für die Möglichkeit zur Nutzung von IT-Diensten über eine Cloud eine große, kaum überbrückbare Hürde dar.

 

Gemäß § 203 StGB in der bisher gültigen Fassung war die Offenbarung von Berufsgeheimnissen nämlich nur gegenüber sogenannten „berufsmäßig tätigen Gehilfen“straflos möglich. Dazu gehörten nach herrschender Meinung nur weisungsgebundene Mitarbeiter, in der Zahnarztpraxis vor allem die Zahnmedizinische Fachangestellte und Verwaltungsfachkraft. Externe Dienstleister wurden jedoch nicht als berufsmäßig tätige Gehilfen angesehen. Dies führte zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit, denn gesicherte gerichtliche Entscheidungen zu diesem Thema fehlten und in der juristischen Literatur wurde das Thema nicht einheitlich beurteilt. Ein „Offenbaren“ im Sinne von § 203 StGB erfasste allerdings nach überwiegender Ansicht bereits jede Möglichkeit der Kenntnisnahme Dritter. Die betroffenen Berufsgeheimnisträger konnten externe Dienstleister daher rechtssicher nur in sehr eingeschränktem Umfang in Anspruch nehmen.

Denn im Falle eines Rechtsverstoßes, das heißt im Falle einer Offenbarung gegenüber Dritten, der nicht als „berufsmäßig tätiger Gehilfe“ im Sinne der Strafnorm anerkannt wurde oder werden könnte, stand zu befürchten, dass ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren durch die Strafverfolgungsbehörden eingeleitet wird, was gegebenenfalls entsprechende strafrechtliche Sanktionen für den jeweiligen Praxisinhaber zur Folge haben könnte.

 

/// Neu: Erweiterung des Personenkreises

Die Neuregelung von § 203 StGB sieht nunmehr vor, dass ein „Offenbaren“des Geheimnisses nicht mehr nur bei einer Mitteilung des Geheimnisses gegenüber „berufsmäßig tätigen Gehilfen“ straflos ist. Auch die Offenbarung gegenüber „sonstigen Personen, die an der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit des Berufsgeheimnisträgers mitwirken, soweit dies für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Person erforderlich ist“, ist nunmehr ausdrücklich als straflos ins Gesetz eingefügt worden. In der Gesetzesbegründung sind solche Mitwirkungshandlungen beispielhaft aufgeführt (BT-Drs. 18/11936, S. 22):

 

  • Schreibarbeiten,
  • Rechnungswesen,
  • Annahme von Telefonanrufen,
  • Aktenarchivierung und –vernichtung,
  • Einrichtung, Betrieb, Wartung – einschließlich Fernwartung – und Anpassung informationstechnischer Anlagen, Anwendungen und Systeme aller Art,
  • Bereitstellung von IT-Anlagen und Systemen zur externen Speicherung von Daten,
  • Mitwirkung an der Erfüllung von buchführungs- und steuerrechtlichen Pflichten des Berufsgeheimnisträgers.

 

Für die vorstehenden Tätigkeiten können Zahnärzte nunmehr also auch ohne vorherige Einwilligung des Patienten Daten an Dienstleister weitergeben. Dadurch eröffnen sich bislang verwehrte Möglichkeiten, wie beispielsweise die Inanspruchnahme von IT-Fernwartungsdiensten und die Nutzung von zeitgemäßen Möglichkeiten der Datenspeicherung wie Cloud-Lösungen.

 

Wichtig ist in dem Zusammenhang nur, dass die Offenbarung des jeweiligen Geheimnisses, also der Weitergabe entsprechender Daten und Informationen, für die Inanspruchnahme der Tätigkeit der sonstigen mitwirkenden Person „erforderlich“sein. Wann eine Mitwirkung noch erforderlich ist, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt und wird daher von der Rechtsprechung wohl noch geklärt werden müssen. Fest steht allerdings, dass nicht mehr an Geheimnissen offenbart werden soll, als wirklich notwendig ist. Welche Informationen und Daten das im Einzelnen sein können, bedarf in jedem Fall einer gründlichen Betrachtung im Einzelfall.

 

/// Zeugnisverweigerungsrecht für mitwirkende Person

Die Einbindung sonstiger mitwirkender Personen, gegenüber denen die Offenbarung von Berufsgeheimnissen nunmehr straflos ist, führt konsequenterweise auch dazu, dass auch diesen ein strafprozessuales Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Dies ist nunmehr in § 53a Strafprozessordnung (StPO) entsprechend geregelt. Auch gilt gegenüber mitwirkenden Personen im Sinne von § 203 StGB das Beschlagnahmeverbot nach § 97 StPO von entsprechend vertraulichen Aufzeichnungen, Unterlagen und sonstigen Gegenständen.

 

/// Kehrseite: Erweiterung der Strafbarkeit für mitwirkende Person

  • 203 Abs. 4 StGB normiert nunmehr, dass diese Drittdienstleister sich wiederum selbst strafbar machen können, wenn sie selbst die offenbarten Geheimnisse unzulässiger Weise weitergeben. Im Übrigen sieht § 203 Abs. 4 StGB eine Strafbarkeit des ursprünglichen Berufsgeheimnisträgers, also beispielsweise des Zahnarztes, für den Fall vor, dass dieser „nicht dafür Sorge getragen hat, dass eine sonstige mitwirkende Person, die unbefugt ein fremdes, je bei der Ausübung oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit bekanntgewordenes Geheimnis offenbart, zur Geheimhaltung verpflichtet wurde.“ Aus dem Gesetzesentwurf ergibt sich allerdings nicht, welche konkreten Anforderungen eine solche Geheimhaltungsverpflichtung gegenüber der mitwirkenden Person erfüllen muss. Die im Zuge der Gesetzesreform geänderten berufsrechtlichen Verpflichtungen bieten hierfür zwar Anhaltspunkte. Der Bundesgesetzgeber hat im Zuge der Neuerung allerdings nur die Weitergabe von Geheimnissen an Drittdienstleister konkret für Rechtsanwälte, Patentanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer geregelt (vgl. § 43e BRAO). Eine explizite Regelung für Zahnärzte, in der u.a. geregelt ist, welcher Vertragsinhalt mit dem Drittdienstleister zu vereinbaren ist, wurde nicht getroffen, da hierfür die Gesetzgebungskompetenz fehle, da es Ländersache ist und somit Aufgabe des Landesgesetzgebers. Aus § 7 Abs. 3 Musterberufsordnung Zahnärzte (MBO-Z) geht bisher hervor, dass Berufsgeheimnisse an Praxismitarbeiter und sonstige Personen, die an der beruflichen Tätigkeit mitwirken, offenbart werden dürfen, soweit dies für die Inanspruchnahme für deren Tätigkeit erforderlich ist. Gemäß § 7 Abs. 4 MBO-Z hat der Zahnarzt alle Praxismitarbeiter und sonstigen Dritten im Sinne von Abs. 3 über die Verschwiegenheitspflicht (und somit auch die Strafbarkeit im Falle eines Verstoßes) zu informieren und dies auch zu dokumentieren.

 

/// Fazit

Mit der Neuregelung in § 203 StGB wird der rasanten technischen Entwicklung und der damit verbundenen geänderten Anforderungen, Aufgaben und Herausforderungen in den Zahnarztpraxen und auch bei anderen Berufsgeheimnisträgern in zeitgemäßer Weise Rechnung getragen. Es ermöglicht Zahnärzten eine wirtschaftlich sinnvolle Datenverarbeitung einschließlich IT-Outsourcing umzusetzen und zeitgemäße Cloud-Lösungen zur Datenspeicherung in Anspruch zu nehmen, ohne dass gleich die Erfüllung eines Straftatbestandes zu befürchten ist. Durch die gesetzliche Neureglung wird das Outsourcing sowie die Nutzung von Cloud-Computing-Diensten gerade auch in Zahnarztpraxen weiter vorangetrieben werden können.

 

Gleichwohl ist weiterhin der Abschluss entsprechender vertraglicher Vereinbarungen mit den jeweiligen Dienstleistern erforderlich, um sicherzustellen, dass diese auch zur Geheimhaltung verpflichtet werden und eine unzulässige Weitergabe von Patientendaten und sonstiger Berufsgeheimnisse unterbunden wird. Die insoweit zu berücksichtigenden Vorgaben ergeben sich unter anderem aus den jeweils geltenden Berufsordnungen, die durch die Neureglung eine entsprechende Konkretisierung erfahren haben. Die neue Fassung des § 203 StGB selbst bietet ebenfalls einige Anhaltspunkte, welche es im Rahmen der Vereinbarungen umzusetzen gilt. Erforderlich ist u.a., dass die Vereinbarung eine Belehrung über die strafrechtlichen Folgen im Falle einer Verletzung der Verschwiegenheitsverpflichtung enthält. Die konkrete vertragliche Ausgestaltung sollte die einzelnen Verpflichtungen möglichst genau bestimmen und in jedem Fall mit größter Sorgfalt vorgenommen werden.

 

AUTORIN

Jennifer Jessie

Rechtsanwältin

 

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